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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz
vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2863)
Hier sind nur die ersten 20 Artikel wiedergegeben. Die
offizielle und
vollständige Version finden Sie auf den Seiten des Bundesministeriums für
Justiz
Eingangsformel
Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rhein in öffentlicher
Sitzung festgestellt, daß das am 8. Mai des Jahres 1949 vom Parlamentarischen
Rat beschlossene Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Woche vom
16. bis 22. Mai 1949 durch die Volksvertretungen von mehr als Zweidritteln der
beteiligten deutschen Länder angenommen worden ist.
Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische Rat, vertreten durch
seine Präsidenten, das Grundgesetz ausgefertigt und verkündet.
Das Grundgesetz wird hiermit gemäß Artikel 145 Abs. 3 im Bundesgesetzblatt
veröffentlicht:
Präambel
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen
beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der
Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden
Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg,
Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit
und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das
gesamte Deutsche Volk.
I. Die Grundrechte
Artikel 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist
Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen
Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und
der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und
Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit
er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige
Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit
der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes
eingegriffen werden.
Artikel 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die
Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen
oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf
wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Artikel 4
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und
weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen
werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern
und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu
unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch
Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen
Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht
der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der
Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Artikel 6
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die
zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche
Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund
eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten
versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen
für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der
Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Artikel 7
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am
Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der
bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen
Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen
Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private
Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates
und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die
privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der
wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen
Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen
der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die
wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert
ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung
ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von
Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule
dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Artikel 8
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich
und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Artikel 9
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen
zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den
Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig,
hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a,
35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen
Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Artikel 10
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind
unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient
die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder
des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das
Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die
Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte
Organe und Hilfsorgane tritt.
Artikel 11
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für
die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht
vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden
oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die
freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur
Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren
Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren
Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.
Artikel 12
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte
frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen
einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen
Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung
zulässig.
Artikel 12a
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den
Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband
verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu
einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die
Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die
Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine
Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den
Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder 2 herangezogen
sind, können im Verteidigungsfalle durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu
zivilen Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich des Schutzes
der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet werden; Verpflichtungen
in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse sind nur zur Wahrnehmung
polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erfüllt
werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse nach Satz 1 können bei den
Streitkräften, im Bereich ihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen Verwaltung
begründet werden; Verpflichtungen in Arbeitsverhältnisse im Bereiche der
Versorgung der Zivilbevölkerung sind nur zulässig, um ihren lebensnotwendigen
Bedarf zu decken oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen
Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen
Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können
Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten
Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen
Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit
der Waffe verpflichtet werden.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen nach Absatz 3
nur nach Maßgabe des Artikels 80a Abs. 1 begründet werden. Zur Vorbereitung auf
Dienstleistungen nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten
erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Teilnahme
an Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit
keine Anwendung.
(6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften für die in Absatz 3
Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so
kann zur Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die Ausübung eines
Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes eingeschränkt werden. Vor Eintritt des Verteidigungsfalles gilt Absatz
5 Satz 1 entsprechend.
Artikel 13
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch
durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der
dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz
einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur
Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur
akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich
aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere
Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu
befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten
Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter
getroffen werden.
(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere
einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur
Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt
werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere
gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung
ist unverzüglich nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in
Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich
bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei
erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der
Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme
richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche
Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz
3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit
richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer
Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses
Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine
gleichwertige parlamentarische Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen
Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes
auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr
oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
Artikel 14
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken
werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der
Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der
Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe
der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen
Gerichten offen.
Artikel 15
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der
Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung
regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt
werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3
Satz 3 und 4 entsprechend.
Artikel 16
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der
Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des
Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos
wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann
eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der
Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden,
soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
Artikel 16a
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der
Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem
die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt
ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die
Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können
aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten
Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten
bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der
allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder
politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder
Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen
Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme
begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des
Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als
offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der
Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen
unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten
der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht
entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die
Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein
muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich
der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
Artikel 17
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen
schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die
Volksvertretung zu wenden.
Artikel 17a
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können bestimmen, daß für die
Angehörigen der Streitkräfte und des Ersatzdienstes während der Zeit des Wehr-
oder Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei
zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Abs. 1 Satz 1
erster Halbsatz), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel
8) und das Petitionsrecht (Artikel 17), soweit es
das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen
vorzubringen, eingeschränkt werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der
Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen, daß die Grundrechte der Freizügigkeit
(Artikel 11) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel
13) eingeschränkt werden.
Artikel 18
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel
5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die
Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die
Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel
14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese
Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das
Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
Artikel 19
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund
eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur
für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe
des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet
werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie
ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so
steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet
ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10
Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
II. Der Bund und die Länder
Artikel 20
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer
Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle
Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Artikel 20a
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die
natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen
Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die
vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
.....
Artikel 28
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des
republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses
Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk
eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und
geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind
auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der
Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen
Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer
gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der
örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.
Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches
nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der
Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung;
zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende
wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den
Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht
.....
Artikel 100
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung
ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es
sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des
für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um
die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die
Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit
eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes
Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten
für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes
von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des
Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das
Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
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